Dienstag, 8. Juli 2014

abschließendes Fazit

Einen Online Blog über das Buch „Homo faber“ zu erstellen war mal etwas anderes. Das kreative Arbeiten, freie Gestalten und die selbstständige Themenwahl boten einen abwechslungsreichen Kontrast zum üblichen arbeiten nach dem Lehrplan. 


Die Vorgeschichte zu "Homo Faber"


Homo Faber als moderner Ödipus?

Der Ödipusmythos nach der Tragödie 'König Ödipus' von Sophokles (429 v. Chr.):

Ödipus wird als Sohn der Iokaste und des Laios, des Königs von Theben, geboren, aber sofort ausgesetzt, da er - laut Orakel - den Vater töten und die Mutter heiraten wird. Er wird heimlich gerettet und dem Herrscherpaar in Korinth übergeben. Als junger Mann erfährt Ödipus vom Orakel seine schreckliche Bestimmung und kehrt nicht mehr nach Korinth zurück, um seinen Eltern Tod und Inzest zu ersparen. In der Nähe von Theben erschlägt er im Zorn einen unbekannten Mann (seinen Vater), löst das Rätsel der Sphinx (auf die Frage, welches Wesen als einziges seine Gestalt ändere und zuerst auf vier Beinen, dann auf zwei und zuletzt auf drei Beinen gehe, antwortet er dass es der Mensch sei) und erhält zur Belohnung dafür die Hand der thebanischen Königin Iokaste, deren Mann gerade von einem unbekannten erschlagen wurde. Als Jahre später in Theben die Pest ausbricht, erkennt Ödipus auf der Suche nach der Ursache für den Götterzorn die Wahrheit. Die Mutter-Gattin erhängt sich daraufhin; Ödipus sticht sich die Augen aus.
Parallelen

In„Homo Faber“ wird die Tragödie des Ödipus kurz erwähnt. Hanna ist begeistert von Mythen und redet auch davon „Ödipus und die Sphinx, auf einer kaputten Vase dargestellt in kindlicher Weise“ (S. 154 Z. 3f.) ist Es wird zwar nicht weiter auf den Mythos eingegangen, jedoch lässt sich aus diesem kurzen Hinweis erkennen, dass Faber der Inzest beschäftigt und dass der Inzest ein Leben kaputt macht („[...] auf einer kaputten Vase [...]“)
Desweiteren ist der Ort, an dem herauskommt, dass Inzest begangen wurde, in beiden Lektüren Griechenland. Faber und Hanna schlafen zwar möglicherweise in Avignon miteinander (S. 135 Z. 23ff.„Jedenfalls war es das Mädchen, das in jener Nacht, nachdem wir bis zum Schlottern draußen gestanden hatten, in mein Zimmer kam -“), aber dass Sabeth wirklich seine Tochter ist, erfährt er erst in Griechenland von Hanna.
Eine weitere Gemeinsamkeit der Lektüren ist die Vorgeschichte der beiden Hauptcharaktere. Faber denkt, Hanna hätte das Kind abgetrieben. Demnach kann er gar nicht wissen, dass er eine Tochter hat, als er auf dem Schiff Sabeth kennen lernt. Ödipus wurde nie gesagt, dass Polybos und Periboia nicht seine leiblichen Eltern sind.

Zum Ende hin lässt sich noch eine offensichtliche Parallele erkennen. Nachdem Ödipus erkennt, dass er Inzest begangen und seinen Vater getötet hat, sticht er sich die Augen aus. Faber denkt im Zug nach Zürich ebenfalls darüber nach sich die Augen mit zwei Gabeln auszustechen (S. 209 Z. 6ff.). Das zeigt, dass Faber sich seine Schuld nun eingesteht, wie Ödipus es ebenfalls getan hatte. Beide bestrafen sich bzw. Faber will sich bestrafen (tut es aber nicht) dafür, dass sie ihr Leben lang so blind gewesen sind und nicht erkannt haben, dass sie sich in ihre Mutter/Tochter verliebt haben. Sowohl Ödipus, als auch Faber tun vor dem Inzest etwas Gutes für die Menschen. Ödipus rettete die Stadt Theben, indem er das Rätsel der Sphinx gelöst hatte und Faber hilft unterentwickelten Völkern mit Technik (S. 10 Z. 34). Im weiteren Verlauf ihrer Geschichte jedoch sind beide für einen Tod verantwortlich. Ödipus jedoch nur indirekt. Iokaste erhängt sich selbst, als sie erkennt, dass Ödipus ihr eigener Sohn ist. Sabeth hingegen stirbt an der Verletzung durch den Sturz. Sie stürzte jedoch nur die Böschung runter, weil sie vor Faber zurückschreckte, als er ihr zu Hilfe kommen wollte. Außerdem verschweigt Faber den Sturz Sabeth im Krankenhaus, sodass der Arzt die daraus entstandene Verletzung gar nicht behandeln kann. (S. 174 Z. 5f.)

Unterschiede
Der Unterschied zwischen den beiden Geschichten ist die Form des Inzests. Während bei „König Ödipus“ ein Mutter-Sohn-Inzest vorliegt, ist es bei „Homo Faber“ ein Vater-Tochter-Inzest - demnach das genaue Gegenteil. Außerdem hat Faber keinen Rivalen, den er versucht zu töten. Zwar ist er eifersüchtig auf den Pingpong-Spieler und den Baptisten auf dem Schiff (S. 83 Z. 18ff. „Dabei hat er gar nichts zu sagen, der Baptist, es geht ihm […] bloß darum, das Mädchen anfassen zu können, […] dazu sein Lächeln über mich.“), aber er sieht sie nicht als Rivalen an. Ödipus weiß nicht, dass Laios sein Rivale ist (also der Mann seiner Geliebten) als er ihn erschlägt. Ödipus bekennt sich sofort seiner Schuld und sticht sich die Augen aus. Faber hingegen versucht sein Leben irgendwie weiter zu leben (S. 187ff.). „Homo Faber“ ist ein Bericht aus der Sicht von Faber. Mit diesem Bericht versucht er sich für den Inzest und letztendlich auch für den Tod Sabeths zu rechtfertigen (S. 134 Z. 1ff „Was ist denn meine Schuld? Ich habe sie auf dem Schiff getroffen […], ein Mädchen mit baumelnden Roßschwanz vor mir.“). Das merkt man vor allem daran, dass er oft schreibt, dass er es nicht hätte ahnen können, dass Sabeth seine Tochter ist und hätte er es früher gewusst, wäre alles ganz anders geworden (S. 78 Z. 13ff.„[...] Wieso Fügung! Es hätte auch ganz anders kommen können“) Demnach ist Faber im Gegensatz zu Ödipus nicht in der Lage sich seine Schuld einzugestehen bzw. versucht er sich diese auszureden.

Ödipus Blendung und Fabers kurzzeitiger Gedanke sich zu blenden haben etwas unterschiedliche Funktionen und Gründe. Ödipus blendet sich als Strafe dafür, dass er Inzest begangen hat. Außerdem schämt er sich vor seinen Kindern. Faber hingegen denkt nicht nur wegen dem Inzest an sich an die Blendung, sondern auch, weil er sich selbst nicht mehr sieht und erkennt. Bevor er Sabeth kennen gelernt hat, war er ein verlässlicher Arbeitnehmer. Danach hat er sich Urlaub genommen und das Leben genossen wie es war. Anders als Ödipus sehnt Faber sich nach Sabeths Tod immer noch nach ihr (S. 209 Z. 1ff„Ich habe nichts mehr zu sehen. Ihre zwei Hände, die es nirgends mehr gibt, ihre Bewegung, wenn sie das Haar in den Nacken wirft oder sich kämmt, ihre Zähne, ihre Lippen, ihre Augen, die es nirgends mehr gibt, ihre Stirn: wo soll ich sie suchen?“).Das weist darauf hin, dass Faber sich mit dem Gedanken nicht abfinden kann, dass Sabeth seine Tochter ist. Zwar möchte er Hanna heiraten, um eine richtige Familie zu werden, die Gefühle zu Sabeth als seine Geliebte kann er dennoch nicht ganz unterdrücken.
König Ödipus“ und „Homo Faber“ ähneln sich in manchen Aspekten des Inzests. Jedoch sind grundlegende Unterschiede vorhanden, die deutlich machen, dass in „Homo Faber“ Gefühle und das Leben der Menschen mehr im Mittelpunkt stehen, als bei„König Ödipus“. Iokaste und Ödipus sehen keinen Sinn mehr in ihrem Leben, aber Faber und Hanna versuchen so gut es geht weiter zu leben, auch wenn Faber am Ende höchstwahrscheinlich stirbt.
Quellen
Primärliteratur: Homo Faber. Ein Bericht. Max Frisch. Suhrkamp Verlag, 1999,
Internetquellen:
www.ödipus-dasbuch.de


Montag, 7. Juli 2014

Charakterisierung Walter Faber

Walter Faber 50 Jahre, geboten 1907 von Beruf Vollblut Techniker, bezeichnet sich selbst als „Mann in den besten Jahren“. Sein Verhalten kennzeichnet markante Eigenschaften und Gewohnheiten, alles Ungewohnte macht ihn nervös. Da er ein vollkommener Rationalist ist, vertraut er nur auf Tatsachen, mathematische Formeln und Beweise, deswegen bezieht er sich auch ständig auf Statistiken und Theorien („Ein Blick auf die Statistik: Rückgang Tuberkulose beispielsweise, Erfolg der Prophylakte, Rückgang 30% auf 8%“, S.106). Walter kann mit mystischen und künstlerischen Dingen nichts anfangen; er ist ein Pragmatiker, der praktisch lebt, denkt und handelt. Mit Künstlern, „die sich für höhere oder tiefere Wesen halten,…“ (S. 39), kann Faber sich nicht identifizieren. Die Natur lehnt er auch ab, gegenüber der Fruchtbarkeit der Natur empfindet Faber sogar ein Ekelgefühl („Was mir auf die Nerven ging: die Molche in jedem Tümpel, in jeder Eintragspfütze ein Gewimmel von Molchen – überhaupt diese Fortpflanzerei überall, alles stinkt nach blühender Verwesung“, S. 51). Fabers Einstellung zum anderen Geschlecht und anderen Rassen ist voreingenommen und intolerant. Außer seinem deutschen Freund Joachim (S. 10) kann er keine anderssprachigen Kulturen leiden. Zudem hält er sozialen Abstand zu Afrikanern („Wieso die Negerin plötzlich lachte [...] Ihr Riesenmaul, ihr Krisselhaar“, S.12). Walter Faber ist ein Einzelgänger: Er sagt selbst über sich, dass „zu den glücklichsten Minuten, die [er] kenne, die Minute gehört, wenn [er] eine Gesellschaft verlasse“ (S.92). Hieran erkennt man, dass Walter keinerlei Interesse an sozialen und gesellschaftlichen Kontakten hegt. Faber lässt sich nicht von seinen Gefühlen lenken, er ist kein Romantiker, denn wenn er romantisch ist, zeigt er Emotionen, lässt sich von ihnen leiten und vergisst logische Tatsachen. Somit ist das Leben für Faber ein berechenbarer Prozess, der keinen Spielraum für Ereignisse lässt, die der Mensch nicht beeinflussen kann. („Ich glaube nicht an Fügung und Schicksal, als Techniker bin ich gewohnt mit Formeln und Wahrscheinlichkeiten zu rechnen, S.22). Walter Faber kann Frauen nur ertragen, wenn er dazu bereit ist, er hasst Gespräche über Liebe und Ehe. Man kann verallgemeinern das Faber frauenfeindlich agiert.


Literatur:
Max Frisch: Homo Faber, Ein Bericht, Suhrkamp Verlag

Sprache und Stil

Alltagssprache:
Während des ganzen Romans sind die Sätze verkürzt. Dabei fällt meistens das
Prädikat ganz weg und viele Sätze sind unvollständig (Ellipse). Dies geschieht oft
durch Gedankenstriche. Dies ist oft der Fall, wenn Faber etwas nicht beurteilen kann
oder will. Durch diesen „Tagebuchcharakter“ wird deutlich, dass der fiktive Schreiber
Walter Faber sich eigentlich nur Notizen gemacht hat, die nicht für jeden bestimmt
sind. Außerdem wird die gesprochene Sprache verwendet, um zu verdeutlichen,
dass alles erklärbar und wie „üblich“ (S. 7) ist. Oft ist er auch „zynisch“ (S. 113),
unbeeindruckt und respektlos.
Ebenso verwendet er sehr oft Ausdrücke der Jugendsprache. Dadurch wird die
Hauptfigur Walter Faber beschrieben, der zugleich der Erzähler des Berichtes ist. Es
wird deutlich, dass die poetische Sprache verachtet wird und die Wahrnehmung der
Wirklichkeit verzerrt ist. So gelang Max Frisch ein sprachliches Kunstwerk.

Sprache:
Der Bericht ist in Deutsch verfasst, aber Max Frisch verwendet auch noch
die französische, spanische und vor allem die englische Sprache, z.B. schaut er
„Television“ (S. 64) oder nimmt einen „Drink“ (S.11). Aber auch Ivy redet immer nur in
Englisch. Dies ist nachvollziehbar, da Walter Faber in New York lebt und auch bei
seiner Arbeit viel englisch sprechen muss, da sie schon in den Fünfzigerjahren eine
internationale Sprache war. Eine „Sprache“ ist ein wichtiges Medium der
Selbsterkenntnis und da er sehr oft schwankt, wird wieder deutlich, dass ihm die
Voraussetzungen der Selbstkenntnis fehlen.

Satzbau:
Besonders auffällig ist, dass der Bericht oft nur sehr flüchtig erzählt wird. Besonders
werden Attribute nachträglich eingefügt, z.B. „Abende lang hockten sie in ihren
weißen Strohhüten auf der Erde, reglos wie Pilze, zufrieden ohne Licht, still.“ (S. 38)
Dadurch bekommt man den Eindruck, dass Walter einfach, ohne sich Gedanken
über den folgenden Satz zu machen, mit dem Schreiben beginnt und sich im
Anschluss nicht die Mühe macht, ihn zu verbessern. Gleichzeitig scheint es jedoch,
als bemühe er sich um Präzision.

Dialoge:
Es kommen nur sehr wenige und kurze Dialoge vor. Oft werden dabei die Dialoge
wegen Einschüben für irgendwelche Äußerungen unterbrochen oder teilweise in der
indirekten Rede geschildert.
Da er am liebsten allein lebt, kommt es zu wenigen Kommunikationen mit seinen
Mitmenschen. Oft reden sein Gesprächspartner und er aneinander vorbei, da er sich
den anderen gegenüber nicht öffnen kann und ihnen auch nicht mitteilt, worum es
ihm geht. Aber es kommt auch vor, dass er das Gespräch sucht, aber es, z.B. wie
von Hanna, verweigert wird. Der Grund hierfür ist, dass er für sie „stockblind“ (S. 144)
Exaktheit:
Da er alles genau mit Zeit- und Ortsangabe dokumentiert, ist es erstaunlich, dass er
kaum näherbeschreibende Adjektive verwendet. Er will das Grundsätzliche
herausarbeiten und verwendet deshalb nur Adjektive, um das Material durch Farbe,
Form und Ausmaß eines Gegenstandes zu beschreiben oder gibt gleich den Firmen bzw.
Markennamen oder das Modell, z.B. des Flugzeugs, an.


Verneinung:
Falls etwas für Walter zu gefährlich wird, dann verneint oder leugnet er diese
Gedanken und Gefühle. Oft stellt er sich auch als Nicht-Wissender hin, um keine
Erklärung für seine Merkwürdigkeiten zu brauchen.

Unpersönlichkeit:
Der Text wird normalerweise in der Ich-Form erzählt. Doch wenn es um den
Gefühlsbereich und Probleme, die nicht verarbeitet werden können, geht, spricht er
mit unpersönlichen Formen wie „man“ oder durch die Pluralform. Dies kommt
besonders häufig vor, wenn er über Frauen redet.

Vergleiche:
Es kommen auch Vergleiche vor, da es ihm nicht gelingt den irrationalen Teil zu
verdrängen. Sie sollen die irrationale Grundhaltung zum Ausdruck bringen.
Manchmal gelingt es ihm auch, durch Verfremdung der Natur sie ins Technische zu
ziehen.

Bildersprache:
Als er sich in Cuba befindet, ist er ganz entfernt von der technischen Sprache. Er
verwendet poetische Vergleiche. Durch diesen neuen Stil merkt man, dass er sich
verändert hat, indem er sich der Natur geöffnet hat und sich dem Leben zuwendet,
obwohl er dem Tode schon nahe ist.


Quellen:
Primärliteratur:  Homo Faber. Ein Bericht. Max Frisch. Suhrkamp Verlag, 1999, Eisenbeis, Manfred: „Max Frisch: Homo faber“, Lektürehilfen, Klett, Stuttgart 2006

Fabers Wandel und Sichtweise auf die Natur

Eine zentrale Thematik, die im Roman „Homo Faber“ von Max Frisch behandelt wird, ist der Gegensatz von Natur und Technik. Dieser wird bereits deutlich, wenn man den Titel des Buches eingehender betrachtet. „Homo“, der lateinische Ausdruck für Mensch wird oftmals in der Anthropologie verwendet, um den Menschen als Gruppe/ Rasse zu definieren, die in der Natur beheimatet ist. Mit dem Begriff „Natur“ assoziiert man Unkontrollierbares, Nicht vom Menschen Geschaffenes. „Faber“ wiederum bedeutet so etwas wie „schaffend“ oder „ der Handwerker“. Der Titel soll also einen Menschen präsentieren, der sich als aktiver Veränderer seiner Umwelt auszeichnet. Zusätzlich verweist der Untertitel „Bericht“ darauf, dass die Ereignisse aus dem Leben Fabers in chronologischer, nüchterner und sachlicher Art und Weise verfasst werden sollen.

Die Sichtweise Walter Fabers auf die Natur wird im Folgenden an zwei beispielhaften Szenen betrachtet. Anhand dieser Sichtweise soll zudem der Wandel Fabers präsentiert werden. Die erste Szene mit der wir uns beschäftigt haben, ist die Notlandung des Flugzeuges in der Wüste von Tamaulipas. Da diese Notlandung lediglich geschieht, weil zwei Motoren der Maschine ausfallen, erwartet man dass sich Faber darüber Gedanken mache, wie es zu dem Versagen der Technik kommen konnte. Jedoch lässt er die Durchsage des Kapitäns unkommentiert und betrachtet die Landschaft unter ihm. Hier fällt auf, dass er alle Naturphänomene versucht, mit technischen Begriffen zu beschreiben („glitzerte es wie Lametta beziehungsweise wie Stanniol“, S.19). Bereits bei dieser Naturbeschreibung wird deutlich, dass Fabers Beschreibungsversuche mit technischen Begriffen versagen. Um die Farbe der Sümpfe zu beschreiben, benötigt er Vergleiche mit dem Rot eines Lippenstiftes (S.19), das Glitzern der Sonne vergleicht er sogar mit den Augen Ivys. Fabers Denkweise alles nüchtern und sachlich zu sehen und in der Natur nichts Poetisches oder Mythologisches finden zu können, wird folglich bereits zu Beginn des Romans in Frage gestellt. Man erkennt sehrwohl eine gewisse Faszination bzw. Wertschätzung der Natur, die Faber jedoch zu verdrängen versucht. Besonders deutlich wird dieses Verhalten in der Wüste von Tamaulipas. Er kann nicht begreifen, wie Menschen Natur als Erlebnis wahrnehmen können („Ich habe mich schon oft gefragt, was die Leute eigentlich meinen, wenn sie von Erlebnis reden. Ich bin Techniker und gewohnt die Dinge zu sehen, wie sie sind.“, Seite 25). Faber beschreibt alle Naturphänomene um sich rum sowie die Assoziationen und Bilder, die andere Menschen mit diesen Erlebnissen verbinden. Selbst negiert er jedoch diese Sichtweise. Allein dass er diese Mystik in der Natur erkennt („versteinerte Engel“, „Gespenster“, „Totenreich“ „abgestorbener Vogel“, S.26), zeigt jedoch dass er die Dinge ebenfalls so sieht wie andere Menschen, diese Erlebnisse jedoch nicht zulassen will („Ich sehe auch keine versteinerten Engel, es tut mir leid; auch keine Dämonen, ich sehe, was ich sehe: die üblichen Formen der Erosion.“, S.26).
Besonders zu schaffen, macht Faber der fehlende Strom, da er keine Möglichkeit besitzt, sich zu rasieren. Er „[hat] dann das Gefühl, [er werde] etwas wie eine Pflanze“ (S.29), da ihm die Kontrolle über seinen Bartwuchs entzogen ist. Der Vergleich mit einer Pflanze verdeutlicht erneut Fabers Ekel vor der Natur und sein Missfallen, wenn der Mensch nicht über diese herrschen kann. Man kann sogar sagen, dass es Faber Angst macht, wenn die Natur in gewissen Momenten Überhand über die Technik nimmt. Eine weitere Besonderheit in Fabers Naturbetrachtung ist die ständige Nutzung seiner Kamera („und nahm sofort die Kamera“, S.24) Alle Eindrücke, die er in der Wüste vor sich sieht, hält Faber mit seiner Kamera fest. Somit lässt er der Natur keine Möglichkeit auf ihn zu wirken, sondern betrachtet diese meist nur durch ein technisches Gerät.


Die nächste näher betrachtete Szene ist Fabers Aufenthalt in Cuba nach dem Tod Sabeths. Auffallend hierbei ist zunächst, dass er diesen Umweg nur macht, um nicht über New York fliegen zu müssen. Er distanziert sich von seinem im ganzen Roman verkörperten „American Way of Life“ und hegt sogar Gefühle des Abscheus gegenüber Amerika. („Mein Zorn auf Amerika!“ „dieses Coca-Cola-Volk, das ich nicht mehr ausstehen kann.“, S. 190 oder „ihre Städte, die keine sind, Illumination, am anderen Morgen sieht man die leeren Gerüste, Klimbim, infantil“, S.192). Zudem ist er nicht mehr der von sich selbst überzeugte Techniker, sondern beginnt an seinem Lebensstil zu zweifeln und fragt sich, was wäre „wenn man nochmals leben könnte“ (S.191) Ihn beschäftigen die Ereignisse der letzten Wochen, besonders das Kennenlernen Sabeths, deren Unfall und letztendlich deren Tod. Andererseits versucht er jedoch sein Leben zu genießen und die negativen Gedanken an einer möglichen Schuld am Tod zu verdrängen.
Bezüglich Fabers geänderter Sichtweise auf die Natur  kann man feststellen, dass Faber in Cuba versucht, die Technik weitesgehend aus seinem Alltag zu entfernen. Das Rasieren beispielsweise, dessen Fehlen Faber in der Wüste regelrecht nervös gemacht hat, da er dadurch die Kontrolle über sich verloren hat, wird auf dieser Reise gar nicht erwähnt. Zum anderen hat er das Filmen und Fotografieren aufgegeben. Er spricht sogar von der Sinnlosigkeit des Filmens, wo er vorher doch so begeistert von war („Hanna hat Recht: Nachher muss man es sich als Film ansehen, wenn es nicht mehr da ist, und es vergeht ja doch alles“, S.198). Faber möchte nun die Natur bewusst erleben. Dieser Zugang gelingt ihm jedoch nicht vollständig. So benötigt er noch immer Vergleiche mit der Technik, um die Natur erleben zu können („Licht der Blitze; nachher ist man wie blind, einen Augenblick lang hat man gesehen: die schwefelgrüne Palme im Sturm, Wolken, violett mit der bläulichen Schweißbrenner-Glut [..]“, S. 190). Faber begegnet der Natur nun wesentlich aufgeschlossener und versucht ein Teil dieser zu werden. In wenigen Situationen gelingt ihm dies sogar.
Auch seinen Mitmenschen gegenüber begegnet Faber wesentlich offener. Vorallem anderen Rassen gegenüber ändert er seine Sichtweise sehr deutlich. Er findet eine dunkelhäutige Spanierin schön (S.187 f.), wogegen er auf seiner Reise zu der Plantage in Guatemala noch Aussagen wie „ihr Riesenmaul, ihr Kruselhaar“, (S.12) tätigte. Die Bekanntschaft mit Juana zeigt Fabers Wandel auf: er offenbart ihr seine Lebensgeschichte und spricht mit ihr über Begriffe wie Todsünde (S.195). Man erkennt eine Schuldeingestehung Fabers. Zu Beginn des Romans wäre Faber einer fremden Person gegenüber niemals so offen gegenübergetreten und hätte Dinge thematisiert, die außerhalb des Bereiches Technik liegen.

Zum Ende seiner Reise wird sich Faber bewusst, dass er seinen eigenen Lebensstil missachtet, aber trotzdem nicht die Möglichkeit hat sich von diesem vollständig zu lösen. Er bezeichnet sich als „Leiche im Corso der Lebenden“ (S.193)

Quellen
Max Frisch, Homo Faber. Ein Bericht: Suhrkamp Verlag, Erste Auflage

Walter Faber und die Frauen

Faber ist ein typischer Einzelgänger. Er betont häufig, dass er gern allein ist. So ist er regelrecht froh, als sein Flugzeug abfliegt, um von Ivy Abschied nehmen zu können. Auch ist er anfangs gegen eine Unterhaltung mit Herbert Hencke und täuscht sogar vor, er würde schlafen. Faber lehnt anfangs dauerhafte Beziehungen ab, weil diese seine Freiheit einschränken. So erfährt man auf Seite 90f, dass er gewohnt ist, „allein zu reisen und dass er den Gedanken eines Doppelzimmers als Dauereinrichtung mit dem Gedanken an eine Fremdenlegion vergleicht“ (S.91). Seiner Meinung nach würde er seine Ehefrau nur unglücklich machen, was er aber selbst nicht will (S. 92). Die Frauen sind ihm also nicht egal. Sicherlich hat er Recht, wenn er behauptet, dass seine Spontanität unter einer Beziehung leiden würde, weil er eben als Single kurzfristiger auf Reisen gehen kann und auch in anderen Punkten flexibler ist. In der ersten Station spricht sich Faber gegen die Ehe aus. Diese Ablehnung soll sich doch bald ändern. So macht er Sabeth sogar einen Heiratsantrag, wenn gleich er auch nichts dagegen hat, dass sie nicht antwortet: „ich genoss es, unser Schweigen“ (S. 95). Fabers Bindungsängste werden deutlich, als er von „einem  Hotel spricht, dass man bald wieder verlassen kann“. So schließt er eine Bindung nicht aus, solange er diese jederzeit brechen kann. Fabers Problem ist sein Umgang mit Gefühlen, die er nicht zeigen kann, weil sie nicht in sein rationelles Weltbild passen. So macht er einen eher „kalten“ Eindruck als er Empfindungen mit „Ermüdungserscheinungen“ oder „Stahl“ (S. 92) vergleicht. Für ihn bedeuten Gefühle ein Zeichen von Schwäche und Verwundbarkeit. Seine Einsamkeit und Distanz zu anderen Personen - nicht ausschließlich Frauen hat er sich selbst zuzuschreiben. Bei der Party beispielsweise bezeichnet er „seine glücklichsten Minuten“ ja selbst als die, „wenn er die Gesellschaft verlässt“. Sein Beruf gibt ihn die Möglichkeit durch Reisen aus Beziehungen zu flüchten, wenn es ihm „zu eng“ wird.

Quellen
Primärliteratur: Homo Faber. Ein Bericht. Max Frisch. Suhrkamp Verlag, 1999
Sekundärliteratur:Königs Erläuterungen und Materialien. C. Bange Verlag